Das Krokodil weint

ein wenig.

Also, der Mark Zuckerberg hat sich [befragen lassen müssen|https://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-Anhoerung-im-US-Senat-Zuckerberg-zeigt-sich-reuig-weicht-konkreten-Fragen-aus-4016009.html] von US-amerikanischen Politikern.
Und hat etwas Reue gezeigt, oder doch zumindest geheuchelt.
Was ja im Prinzip erstmal gut klingt: die Politik in den USA scheint aufzuwachen, vielleicht beginnt man sogar zu verstehen, was Facebook eigentlich ist.

Oder vielleicht auch nicht.
Es ist knifflig einzuschätzen, wie schwer eigentlich die Tatsache wiegt, dass eine andere Firma als Facebook selber die Daten verkauft hat, die man nach System Facebook eingesammelt hat.
Letztlich hat also jemand anders das Geschäftsmodell umgesetzt, das auch Facebook betreibt.

Und ebenfalls knifflig ist die Frage, welche Gefühle der amerikanischen Politiker genau verletzt wurden.
Scheinbar wünschen sich jetzt doch einige Politiker einen Schutz von Privatphäre.
Was ja echt ein Fortschritt wäre.

Interessant ist auch, dass der Ausschuss erkannt hat, dass Facebook schon seit seiner gesamten Existenz immer wieder verspricht, seine "Mitglieder" zu schützen oder doch wenigstens zu respektieren. Während gleichzeitig die Fakten eine andere Sprache sprechen, vor allem jede Fakten, die viele Amerikaner gut verstehen: Business.

Die direkte Frage, ob Facebook im Datensammelbusiness aktiv ist, zeigt, dass auch die amerikanische Politik langsam begreift, was das Geschäftsmodell jeder Dienste, die ich immer als antisoziale Plattformen bezeichne, eigentlich ist.
There's no such thing as a free lunch - und die "kostenlosen" Dienste sind keine Ausnahme.

Der grösste Vermarkter von Werbeplatz (Google) mag noch in der Lage sein, werbefinanziert seine kostenlosen Dienste anzubieten.
Aber Facebook?
Ich denke, der Werbeverkauf ist eher ein Feigenblatt, das wahre Geschäftsmodell ist pay-with-your-data, dem "Rohstoff des 21. Jahrhunderts" (Merkel iirc.).

Doch die wirklichen Kosten der antisozialen Platformen sind andere.
Wir erleben aktuell nicht nur dsa Globale Dorf (Dorf: jeder weiss alles über jeden), wir erleben den permanenten Shitstorm.
Das wirklich Üble daran ist, dass die Permanenz dieser Form des Mobbing, wie sie junglinge heute erleben, schon jetzt die Illusion erzeugt, das sei in Ordnung, das sei normal.

Das macht mir wirklich Angs, auch die Tatsache, dass weder der grosse Profiteur Zuckerberg noch irgendwer aus der amerikanischen oder europäischen aktiven Politik kapiert, was da vorgeht.
Zwar gibt es mindestens im EU-Parlament inzwischen einie Jungpolitikerinnen, die das pay-with-your-data eindämmen und regulieren wollen.

Wird das reichen, den zersetzenden Einfluss der computerisierten Kommunikation einzudämmen?
Wobei: Twitter sehe ich ja schon länger als eine Kommunikationsillusion: es sieht aus wie Kommunikation, aber es ist tatsächlich nur Rauschen, denn es wird keine Nachricht, kein Inhalt, im Grunde nichts übertragen von der Quelle zur Senke.
Mit Ausnahme der Shitstorms, die einen Mobbingdruck übertragen bzw. aufbauen.

Auch das ist in sich schon ein Problem: weil nur die Shitstorms etwas bewirken, werden vermehrt diese hergestellt, werden damit immer mehr zur "Normalität" und die Radikalisierungsspirale dreht eine Runde weiter.

Facebooks Druckaufbau ist anders, subtiler, aber auch zersetzend.
Mindestend für die Kommunikationskultur, insbesondere für die Meinungsfreiheit.

Denn die Freiheit benötigt die Toleranz als Nährboden.
Konformitätsdruck, Mobbingkultur, arbiträre "Gemeinschaftsrichtlinien", die vor allem das Business vor Aufwand (aus streitigen Verfahren ausserhalb und innerhalb der Gerichte) schützen sollen, all das dünnt diesen unersetzlichen Nährboden immer weiter aus.


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Politik

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