crashed motorcycle

Es hat nichts mit dem Crash zu tun. Definitiv nicht.

Und es hat nichts mit der Performance der Boxerschmiede zu tun, einer freien Werkstatt, die sich auf BMW-Motorräder spezialisiert hat. Denn der Service dieser freien Werkstatt ist untadelig.

BMW made my list. Tatsächlich ist BMW Eintrag Nummer 3 auf meiner Liste von Firmen, von denen ich nie im Leben wieder ein Produkt kaufen werde.

Mein erstes Motorrad war eine BMW R 1150 R. Boxermotor, ABS, gebraucht von einem Kollegen gekauft, der sich grad das Upgrade auf 4 Zylinder geleistet hatte. Die 58.000 km auf der Uhr störten mich nicht, weil die BMWs und speziell die Boxer den Ruf der Zuverlässigkeit und Langlebigkeit umwehte. Klar, Kleinigkeiten können schon mal kaputtgehen, und auch Motorrad-Batterien sind nun mal Verschleissteile und Bremshebel-Schalter können schon mal undicht werden.

Aber dann ging auf einer Tour - passend zu Murphy natürlich am entferntesten Punkt von zuhause - plötzlich die Kupplung nicht mehr: mehrfach pumpen am Hebel öffnete die Kupplung grad noch, aber reguläres Schalten war unmöglich. Nun, sequentielle Getriebe lassen sich ja auch ohne Kupplung schalten, wenn man gefühlvoll mit dem Gasgriff die Last vom Getriebe nimmt. So habe ich die Maschine dann nach hause gejuckelt, mich bei der Werkstatt angemeldet und… …die Werkstatt murmelte was von 6 Wochen Reparaturzeit. Fcuk: tolles Mopped-Wetter, Zeit verügbar und dann no wheels!

Ich war damals noch sehr zufrieden mit BMW und der Werkstatt, die hier aus Höflchkeitsgründen nicht genannt werden soll, und kaufte mein zweites Motorrad. Eine BMW K1200R: Naked wie die Boxer, moahr Power und Kardan-Endantrieb. Ich mag im Grunde Kardan-Antriebe, weil die Dinger eben nicht alle 3000 km gewartet werden müssen. Meine Tour 2009 waren schon 3500 km, mit den üblichen Kettentrieblingen wäre das kaum möglich gewesen.

Ich weiss noch wie mein Bruder den Kopf schüttelte über meine Entscheidung. Ich hatte versucht, ihn mit dem Motorrad-Virus anzustecken, aber er hat eine Art natürlicher Immunität: er fährt gern (und gut) Motorroller aber grösseres mag er nicht.

Und ich weiss noch genau, wie ich meinen spontanen Kauf der K12 unmittelbar nach einer Probefahrt (auf ihrer jüngeren Cousine K1300R) als meine bis dahin emotionalste und zugleich beste Entscheidung meines Lebens beschrieb.

Genau das war es: an sich zu teuer (gebraucht waren es noch fast zwölf Kiloeuro), massiv viel Power (bei ihrer Vorstellung waren ihre 120 kW absolut am oberen Ende dessen, was strassenzugelassene Serien-Motorräder so lieferten), und ganz offenbar absolut nicht das Richtige für einen Anfang-Vierziger mit deutlichem Übergewicht. Klarer Fall von Midlife-Crises.

Wieso auch nicht? Midlife-Crises ist imho eine komplett natürliche Reaktion auf die Tatsache, dass der Moment im Leben, wo du lernst, wie wertvoll das Geschenk der Jugend eigentlich ist exakt derselbe Moment ist, in dem du merkst, dass du es verspielt hast. Ganz schön deprimierend. Und Porsche und Ferrari leben gar nicht so schlecht davon, habe ich mir sagen lassen. Und wenn man sich ansieht, welche Motorräder sich besonders gut verkaufen, dann scheinen auch BMW, Ducati (Audi), Aprilia, Triumph, KTM, Kawasaki, Yamaha, Suzuki oder Honda und vor allem nicht zu vergessen: die Oldtimer-ab-Werk Produzenten aus Minwaukee ebenfalls recht gut davon leben zu können. Allerdings scheinen wir Midlifer nicht genug Markt zu bieten: die Österreicher und Japaner bieten offenbar auch den jugendlichen Fahranfängern eine Menge praktisches und emotionales Zweirad-Gedöns an.

Wie auch immer: ich kaufte mir die K1200R, Touring-Ausstattung (Gepäckbrücke, Koffer, passende Kombi, Ortlieb-Rucksack, Motorrad-Navi, Netbook mit 12V-Versorgung usw.) und ich ging auf meine erste grössere Motorrad-Tour. Das war 2009 und es war der beste Urlaub meines Lebens. Naja, fast: ich war allein unterwegs, das war schon etwas einsam. Aber sonst einfach klasse.

Jedenfalls war alles gut, ich war mit BMW zufrieden und die gelegentlichen Rückrufe machten mir auch nicht wirklich Sorgen: nur extreme Situationen waren betroffen und ich oller Alltagsfahrer bewegte mein Motorrad ja immer weit, weit entfernt von den Grenzen des Machbaren.

Die Boxer habe ich seinerzeit trotz des Neukaufs noch reparieren lassen. Es stellte sich heraus, dass ein Simmerring (eine Wellendichtung) undicht geworden war und sich so die Hydraulikflüssigkeit der Kupplungsbetätigung und das Öl der Kupplung sich mischten. Daher baute sich auch kein Betätigungsdruck auf, die Kupplung ging nicht mehr auf.

Schaden: 900 Euro. Neunhundert EURO! Weil ein Pfennigartikel, der offenkundig ein Verschleissteil ist, nicht routinemässig gewechselt wurde. Klarer Designfehler und bekannt bei den Werkstätten, wie die freie Werkstätte meines Vertrauens mir sagte. Aber man kann natürlich mehr Geld aus dem Kunden abpumpen, wenn man exakt nach Werksvorgabe Inspektionen macht und solche „unerwarteten“ Probleme dann teuer behebt, wenn sie auftreten.

Die Konstruktionsfehler und -mängel der K12 fallen offenbar in dieselbe Kategorie. So brechen die Tankverschlüsse allein durch normalen Fahrbetrieb nach einiger Zeit. Sie sind eben nicht für Vibrationen gebaut: mehr für Stehzeuge. Dreimal musste ich in die Werkstatt. Der Hinweis „stinkt nach Benzin bei jedem Ampelstop“ reichte nicht, erst als die Maschine auf 100km 2 Liter Sprit einfach rechts und links am Motor rauslaufen liess (Verbraucht laut Bordcomputer 5,6, an Zapfsäule 7,8 Liter je 100 km) und sich fiese gelbe Schlieren aus Kraftstoffzusätzen in den Lack brannten, konnten die ach so gut geschulten Mitarbeiter der teuren Vertragswerkstatt den Fehler finden und beheben.

Beim letzten Rückruf (Alu-Radflansch durch Stahl ersetzt, nachdem einige wohl gebrochen waren) wurde noch irgendwas an der Motorsteuerung gemacht. Ok. Rund 100km Fahrstrecke danach fällt auf der Stadtautobahn plötzlich das ABS aus. NICHT Ok sondern sehr doof.

Kostenvoranschlag der Vertragswerkstatt: 1500 Euro. Netto natürlich: Mehrwertsteuer bekommt man immer erst bei der Rechnung genannt. Das ist kein Versehen, das ,System‘, also die von BMW offenbar vorgegebene EDV, zeigt die Preise nun mal netto an und die Mitarbeiter im sogenannten Service lesen die genau so ab.

Ich suchte nach Alternativen und fand eine Firma nahe Nürnberg, die sich auf die Reparatur von ABS-Systemen spezialisiert hat. Pauschalpreis dort 400 Euro (wieder netto aber wenigstens wird vor dem „jetzt bestellen“ Button das nochmal brutto angezeigt.

Als ich BMW dann von meinem Kummer berichtete, gab man mir zu verstehen, dass die Angabe der Vertragswerkstatt „Kulanz gibt es nur für Kunden, die jedes Jahr den Service bezahlen und auch nich in Jahren, in denen nicht gefahren wurde, aussetzen“ völlig korrekt sei. Und man gab mir zu verstehen, dass jetzt, da ich mein Motorrad in einer freien Werkstatt hatte reparieren lassen, ich sowieso nicht mehr mit Kulanz zu rechnen hätte.

Ich wiederhole hier an dieser Stelle meinen Rat an BMW, der dazu gedacht ist, dass sie nicht mehr Kunden wie mich verlieren mögen. Der Rat ist, dass BMW engagierte, kompetente und fähige Werkstätten wie die Boxer-Schmiede nach Kräften unterstützen sollte. Schenkt denen alle Diagnosegeräte, die ihr erfindet, schult die Mechaniker, gebt ihnen alles, was sie brauchen, um sich gegen den Niedergang der Marke BMW zu stemmen, den die Controller („Kosten müssen runter!“) mit Gewalt zu erzwingen versuchen.

Es ist sicher unfair, für die unterirdisch schlechte Performance einer Vertragswerkstatt gleich die ganze Marke und den Hersteller in Haftung zu nehmen. Aber das tue ich nicht, ich habe diesmal nicht nur unfassbar schlechten Service (wie bei Einträgen 1 und 2 meiner Liste) sondern eben auch die absolut grottenschlechte Qualität der Produkte als Grund.

Jedenfalls: wenn BMW der letzte Fahrzeughersteller auf der Welt sein sollte, werde ich halt Fußgänger.

Motorrad fahre ich auch weiterhin, vorläufig erstmal Roller (Sym GTS300i) und nächstes Jahr vielleicht auch wieder was mit moahr Power; moahr fun.


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