Datenschutz tut Not!

Aber über Zustimmung zu dieser Überzeugung kann man sich heute leider nur so halb freuen.
Denn die lauteste Zustimmung bekommt man dieser Tage wohl von den Absahnern unter den Juristen. Diese Sub-Spezies des gemeinen Anwalts betätigt sich als das, was in der Biologie als Bottom Feeder bezeichnet wird.

Und seit 2 Jahren haben wir nun die DGSVO, seit ein paar Wochen ist es möglich, dass auch Bußgelder verhängt werden.
Und damit läuft jetzt die deutsche Absahnmaschinerie an.
Da hätte man irgendwie schon vorher drauf kommen können, würde ich sagen.
Denn irgendwie war das doch absehbar, schliesslich kennen wir das Leid mit der Abmahnung aus Wettbewerbsrecht ja zur Genüge und auch den Misbrauch der Abmahnung kennen wir aus dem Urheberrecht seit Jahrzehnten (!).

Und jetzt kommen die Seehofers der Republik und wie sie alle heissen aus dem Mußtopf - wie süß.
Ey Mann, das was Absahnwelle mit Ansage!

Das Unwesen mit den Abmahnungen ist ein typisch deutsches Problem.
Nur hierzulande ist es möglich, die Kosten für die Abmahnung dem Abgemahnten auzuerlegen - ein gefundenes Fressen für Anwälte, die sich für diese moralische Tiefe nicht zu schade sind.

Was faselt der Typ da? "moralsiches Tiefe"?
Aber leider ist es inzwischen ein Abgrund, als Abmahnanwalt zu wirken.

Im Grunde ist die Abmahnung nicht das falscheste Mittel.
Denn alles, was hilft, Gerichtsprozesse zu vermeiden, ist an sich zu begrüssen, denn jeder Prozess, den man micht führt, ist schon gewonnen.
Und in einigen Fällen und Branchen funktioniert das auch ganz passabel. So wird im Einzelhandel immer mal wieder abgemahnt wegen Werbeanzeigen, die wettbewerbsrechtlich mangelhaft sind, und dann wird Unterlassung erklärt und unterlassen, und dann ist gut.
Keine Prozesse, vor Gericht, keine überteuerten Anwälte, alles schick.

Aber dann kam -- der Freiherr.
Hmm. De mortuis nihi nisi bene...
Aber der Mann hat nun mal Bahnbrechendes geleistet: er hat das Mittel der Abmahnung fehl-verwendet wie wohl kein Zweiter.

Was der Herr Seehofer jetzt kapieren müsste ist dieses: was seine Klientel jetzt erlebt -- und mal ehrlich: würde er jetzt rumpupen, wenn nicht einer seiner Spezis grad letzte Woche ne Abmahnung verpasst bekommen hätte? -- das erleben Tausende von Neuland-Bewohnern seit Jahren.
Immer wieder.
Nämlich das Problem, dass es Anwälte gibt, denen es drecksegal ist, ob das Abmahnen allein zum Gelderwerb nun verboten ist oder nicht.
Verboten ist es übrigens, da gibt es Urteile dazu. Aber es gilt eben auch, dass unter den Juristen und "Juristen" keine Kräher einer anderen ein Auge aushackt.
Jedenfalls decken die Anwaltskammern selbst die widerrechtlich agierenden Abmahnanwälte mit schöner Regelmässigkeit; keiner von denen wird mal rausgeschmissen.

Ich schweife ab, wie so oft.
Jedenfalls erleben Internet-Nutzer alle Nase lang diese Abmahnungen, die widerrechtlich sind, weil sie allein aus dem Interesse, dem Anwalt Geld in die Kasse zu bringen, ergehen.

Besonders beliebt bei jenen "Juristen", die sich das Gewissen und oft auch den gesunden Menschenverstand operativ haben entfernen lassen, ist das Serien-Abmahnen aus Urheberrecht.
Dabei gibt es insbesondere ein Geschäftsmodell, das zwar als Anwalts-Klienten-Verhältnis getarnt wird, wo aber letztlich der Anwalt in eigener Sache handelt.
Dazu beschafft sich der Anwalt z.B. für ein Amateur-Pornofilmchen eine Beauftragung zur Rechtsdurchsetzung im "Internet", formal als Mandatierung. Dafür fliesst gerne dann Geld, pauschal und vorab, sodass es im Grunde eine Lizensierung ist.
Und dann wird Geld gedruckt: das fragliche Filmchen wird in die einschlägigen "Tauschbörsen", wie die P2P-Netzwerke immer noch genannt werden, eingespeist.
Und dann wird einfach jeder Verbindungsversuch protokolliert mit IP-Adresse.
Die so entstandene Liste geht dann an ein Gericht, gerne eines jeder Gerichte, die alle Auskunftsersuchen einfach automatisiert durchwinken. Und damit hat man nun einen Gerichtsbeschluss in der Hand, formal ist dem Rechtsstaat genüge getan.

Das schlimme ist nur, dass -- soweit erkennbar im Gegensatz zur DSGVO ! -- dieser ganze Prozess praktisch komplett automatisierbar ist: IP-Adressen ernten, ans Gericht schicken, die Liste dann zu Serienbriefen verarbeiten: alles praktisch komplett automatisierbar bis hin zum Unterschriftenstempel und dem maschinellen Kuvertieren und Frankieren.
Aufwand pro Abmahnung?
Ein kleiner, wohl einstelliger Eurobetrag.
Aber die Kosten, die angesetzt werden, sind locker dreistellig.

Schon vor einigen Jahren hat die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger nach langem, zähen Ringen erkannt, dass das Abmahnunwesen in Deutschland ein Problem darstellt.
Ihre Lösung (selbst Juristin) war, die Streitwerte zu deckeln. Guter Ansatz, aber von den Abmahnungs-Profiteuren gern getunnelt: statt wie früher "Schadensersatz" + Gebühr nach BRAGO zu verlangen werden heute "Vergleichsangebote" unterbreitet.
Da die auf Abmahnungen spezialisierte Kanzleien handelt, die oft wie o.a. in eigener Sache handeln und nur formal eine Mandatierung vorschützen, landet so nach der Änderung oft gar mehr Geld in der falschen Kasse.

Wer mit diversen Betroffenen zu tun hat, bekommt schnell ein Bild dieser Lage. Typische "Vergleichsangebote" verlangen die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung einer Vergleichssumme zwischen rund 650 und 1000 Euro.
Was viele Abgemahnte mächtig trifft.

Für einen Aufwand seitens des Abmahners in einstelliger Euro-Höhe, ist das eine massive Gewinnspanne.
Daher reicht es den Absahnern, wenn nur ein Bruchteil der Opfer zahlt. Und einige Kanzleien scheinen ihre offenen Forderungen gar nicht aktiv einzutreiben sondern verkaufen sie schlicht an Inkasso-Unternehmen. Diese treiben dann die Forderung ein, wobei es ihnen nicht darauf ankommt, ob die Forderung berechtigt ist: das können sie ja auch gar nicht selber prüfen.

Bei der Abmahnwelle aus der DSGVO dagegen ist der Aufwand der Abmahner erheblich höher: die Recherche kann - anders als IP-Adressen-Ernten - nicht automatisiert werden.
hier würde ich sogar zweistellige Eurobeträge vermuten!

Insofern ist also gar nicht mir einer wirklichen Abmahnwelle zu rechnen. Oder Herr Seehofer?
Wie haben Sie denn die tiefe dieses Problemes ausgelotet?
Und wären Sie bereit, so en-passant auch das Absahnunwesen aus Urheberrecht zu vernichten?

Das fände ich richtig gut.
Und den Mut würde ich bewundern.
Aber oh, Moment, er fordert nur seine Ministerkollegin auf; die soll bitte den Kopf hinhalten.
Also eher begrenzte Bewunderung von dieser Stelle.


Published

Category

Politik