Das grösste Schwein

im ganzen Land...

Moment.
Soll das hier ein Retweet werden vom Blogeintrag am 2. Februar?
Mit nichten, aber es geht mal wieder um Denunziation.

Polizisten in Deutschland haben es schwer.
Da gibt es die Sorte, die man nur als „arme Schweine“ bezeichnen kann, weil sie immer wieder die Knochen hinhalten müssen, teils auch für Einsätze, deren Einsatzziel sie ablehnen.
Mit diesen Polizisten fühle ich und es fällt mir schwer, in das allgemein übliche Schulterzucken vom Typ „tja, Pech gehabt, die hätten sich ja einen anderen Beruf aussuchen können“ einzustimmen.
Ich bin übrigens überzeugt, dass auch diese Form der Verachtung von Polizisten zu den Problemen beiträgt, die wir heute mit der Polizei immer wieder erleben: gewalttätige Übergriffe gegen friedliche Demonstranten haben Ursachen, die eben nicht nur bei der Polizei oder dem betreffenden Polizisten liegen.
Daher an dieser Stelle mal deutlich: ich habe Verständnis und Sympathie für die Polizisten, die gewissenhaft ihren Dienst versehen und die Rechtsstaat und freiheitliche Ordnung auch dann noch schützen, wenn sie gelegentlich gegen ihr Gewissen gebürstet werden. Und ich habe Hochachtung für die, die dann eben nicht ausrasten und friedliche Demonstranten prügeln.

Aber das System Polizei betreibt wie jedes System eine Auswahl.
So wie jedes Unternehmen sich seine Mitarbeiter auswählt - nicht nur bei Bewerbungsgesprächen sondern jeden Tag durch die Arbeitsorganisation, Management und andere Vorgänge - „züchtet“ sich auch die Polizei offenbar einen bestimmten Typus, einen bestimmten Charakter bei den Mitwirkenden.
Im Unternehmen merkt man speziell nach Firmenübernahmen, was ich meine: innerhalb von 2 Jahren verlassen da viele Mitarbeiter, oft die echten Leistungsträger, das neue Unternehmen, weil sie „so nicht mehr arbeiten können“. Ich habe das selbst schon ein paar Mal durchleben bzw. mitansehen müssen.

Die Polizei scheint gerade in diesen Tagen immer mehr auf den Typ „paranoide Schizophrenie“ zu selektieren. Beinahe gezielt werden Eigenschaften abtrainiert, die mit „Augenmass“ oder „gesundem Menschenverstand“ zu tun haben und juristisch in den Begriff der Verhältnismässigkeit gehören.

Ok, das geht zu weit.
Aber leider nicht viel.
Und wenn ich lesen muss, dass deutsche Polizisten ernsthaft für eine freiheitliche Ordnung einzutreten glauben, wenn sie zur Denunziation aufrufen, kann ich nicht anders als so zu fühlen wie oben dargestellt.

Wir wissen ja spätestens seit der Einführung der Vorratsdatenspeicherung, dass das Grundübel unserer Gesellschaft in der Anonymität liegt.
Es ist einfach nicht zu ertragen, dass Leute völlig anonym am Kiosk eine Zeitung kaufen können oder völlig anonym über einen öffentlichen Platz schlendern können oder völlig anonym eine Website besuchen können.
Das gehört abgeschafft und die Menschen müssen wissen, dass sie immer und überall von wohlmeinenden staatlichen Stellen be- und überwacht werden. Damit sie sich sicher fühlen können!

Aber gelegentlich scheint man die Anonymität auch zu schätzen: wenn‘s dazu dient, dass der Denunziant anonym bleibt, dann wird es wohl mehr Anzeigen geben.
Und dann gibt es auch wieder genau die Statistiken, die erforderlich sind, die Paranoia zu stärken: „Verdoppelung der Fälle“ und „hohe Dunkelziffer“ - und dann die Gebetsmühle „rechtsfreier Raum“.
Besonders niedlich bei dem aktuell wieder aufgewärmten Vorschlag ist ja der Aufruf zu Straftaten.
Da wird von Kinderpornographie gesprochen, bei der der Besitz schon strafbar ist. Wer danach sucht, macht sich strafbar und wer dazu aufruft, danach zu suchen, ruft m.E. zu einer Straftat auf. Ja klar! Es geht ja nur um „Zufallsfunde“, logisch!
Dennoch wird sich jeder, der Anzeige wegen Kinderpornographie erstattet, ersteinmal selber anzeigen müssen wegen Besitzes.
Was gleich noch einen Fall für die Statistik erzeugt.
Wirklich eine niedliche Idee.

So, wie unsere obersten Polizisten zu denken scheinen, kann ich langsam nachvollziehen, warum so viele Menschen in Deutschland die Polizei insgesamt verachten.
Aber noch einmal betont: es ist genau diese Verachtung, die das Problem erzeugt und dafür sorgt, dass die Polizei immer mehr in ein eigenes, von der restlichen Gesellschaft losgelöstes Wertesystem gedrängt wird.
Verständnis ist idR. schwieriger zu erfühlen als Verachtung.
Und das sollte zu denken geben: es sind doch immer wieder die schwierigen Aufgaben, die sich besonders lohnen.


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Politik

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