Fordern kann man immer

Die Branche hat sich eine neue Technik ausgedacht.
Man nennt es die fünfte Generation des Mobilfunks, also kurz 5G.

Tolle Sache das.
Wieder einmal sind die neuesten technischen Möglichkeiten über Jahre von Heerscharen von klungen Ingenieursköpfen ausgedacht und ausprobiert worden. Und dabei wurden Techniken realisiert, die vor wenigen Jahren noch als "unvostellbar" tituliert worden wären.

Die Standards sind grad vor kurzem verabschiedet.
Das bedeutet, dass sich Vertreter diverser, miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen, geeinigt haben.
Das ist jedes Mal wieder spannend, weil fast immer ein Unternehmen eine Technik entwickelt und dann versucht, als Standard verabschieden zu lassen: weil man die Technik ja shcon kennt hat man einige Monate oder gar Jahre Vorsprung bei der Realisierung marktfähiger Geräte.
Und das zahlt sich fast immer in barer Münze aus.

Also kommen die ersten Pressemitteilungen wie sie in 5G-Spezigfikationen verabschiedet zu finden sind.
Es ist also die Sezifikation festgezurrt.
Natürlich gibt es auch schon Gerätschaften, Prototypen, Versuchsanordnungen und so weiter. Denn bevor man sich zur Standardisierung trifft, stellt man als Ingenieur erstmal sicher, dass das, was man da plant, überhaupt machbar ist.

Täusche ich mich, oder werden solche Mitteilungen und Proof-of-Concepts gerne als "morgen verfügbar als Seriengerät" wahrgenommen?

Definitiv werden die "bis zu" Angaben, die für bestimtme Leistungseckwerte genacht werden, fast imemr als "garantiert" wahrgenommen.
Jedenfalls gibt es dann immer wieder Gejammer, dass die "versprochenen" Werte nicht erreicht werden.

Aber wer mal nachdenkt (ja, selten heutzutage), der merkt selber: die Angabe "bis zu 25 Gbit/s" heisst: unter absolut optimalen Bedingungen kann das garantiert nicht überschritten werden.

Und im Mobilfunk-Kontext gilt (wie bei Funk immer): die angegebenen Bandbreiten teilen sich alle Teilnehmer.

Aber Anlass für diesen Blogpost bildet eigentlich nicht mein Ärger über die Dummheit der Konsumenten und der ihnen willig dienenden Marketinger.
Eher die entsetzliche Dummheit und Bigotterie der von denselben Konsumenten gewählten Volksvertreter.

Bei Golem lesen wir heute von Forderungen der Politik bezüglich Mobilfunk.
Das sind vermutlich auch wieder dieselben Leute, die eine Privatisierung von Infrastruktur für eine Gute Idee halten.
Was es erwiesenermassen nicht ist. Die Auswirkungen der Rosinenpickerei an den Orten hoher Bevölkerungsdichte (vulgo: Städte) erleben wir ja alle bei jeder Reise. Nicht nur mit der Bahn.

Also.
Die hohe Politik fordert.
Sogar der Kanzleramtschef - was zur Hölle hat der mit Telekommunikation zu tun? - fordert.
Und droht sogar.
Und fordern kann man ja immer mal, ganz besonders, wenn jemand anders bezahlen soll.

Der Guido Westerwelle (die älteren erinnern sich noch an unseren ehemaligen Vizekanzler) warf uns Piraten mal vor, wir würden immer nur alles umsonst haben wollen und immer nur Forderungen aufstellen.
Dieser Vorwurf traf uns schwer - weil er leider stimmte.
Und so ganz haben die Piraten das immer noch nciht überwunden, wie ich auf dem letzten Bundesparteitag wieder erleben musste.
Aber interesannterweise ist so ein Verhalten ofnbar nur bei Piraten verwerflich, wenns die eigenen Leute genauso machen, dann ist es offenbar "sich Kümmern um die Anliegen der Bevölkerung" oder so.

Im Grunde kann ich die Forderung nach Schliessen von Funklöchern ja voll unterstützen.
Der Markt gibt es jedenfalls nicht her, dass überall auch auf der grünen Wiese oder im grauen Gebirge gute, performante Versorgung mit Mobilfunk bereitsteht: da wohnt kaum jemand.
Also telefoniert da kaum jemand.
Also kann man da wenig kassieren.
Aber die Technik kostet numal dasselbe wie eine baugleiche Zelle, die in Kreuzberg aufgestellt tausende Leute versorgt.
Oder kostet gar weniger, weil der Wartungstechniker nicht so lange Anfahrtswege hat.

Eigentlich könnte man mit ein wenig Nachdenken selber darauf kommen.
Aber dann käme man wohl auch darauf, dass eine Technik, die speziell dafür entwickelt wurde, mit sehr sehr sehr kurzen Reichweiten zu arbeiten, für eine komplette Flächendeckung ganz besonders schlecht geeignet ist.

Aber schon aus einem anderen Grund ist 5G nicht der Hoffnungsträger für die Beseitigung aller bekannten Qualitätsprobleme.
Denn für die Nutzung von 5G-Netzen müsste ich mich schon wieder ein neues Handy kaufen!
Was soll das?
Ich will, dass die Versorgungslücken vor allem beim 2G gefüllt werden. Denn wenn mal ein Notruf abzusetzen ist - für mich sind Notrufe der wichtigstes wenn nicht gar einzige Grund für die Forderung nach Flächendeckung - dann ist 2G aka GSM einfach erste Wahl.
Ja, ich weiss, in anderne Ländern ist 2G schon abgeschaltet (Australien) oder die Abschaltung beschlossen (Schweiz).
Die werden sich schon was dabei gedacht haben, wenn sie mal-eben Hunderttausende funktionstüchtiger Geräte zu Elektroschrott machen.

In Deutschland werden die Netzbetreiber das 2G noch eine Weile laufen lassen.
Aus eigenem Antrieb.
Denn ganz viele Grosskunden, mit denen man sich keine Ärger einhandeln will, haben Gerätschaften auf 2G für die Maschine-Maschine-Kommunikation.
Die Vorstellung, man könne seine Großkunden dazu zwingen, mal-eben tausende funktionierende Geräte zu verschrotten und zu ersetzen, ist für deutsche Mobilfunk-Unternehmen eher absurd.

Man kann Kunden immer locken, wenn neue Technik neue Vorteile bringt.
In aller Munde ist heutzutage "IoT" - und auch weil soviele den Begriff verwenden wird er imemr schwammiger und ist faktisch schon undefiniert.
Jedenfalls wird mit demm IoT-Buzzword alles mögliche beworben und verbunden.
Im Kontext Mobilfunk gerne das Narrowband-LTE.

Schmalband-LTE ist ne tolle Sache.
Zwar sind die Datenraten, die man erzielen kann, gering (Schmalband halt) aber immer noch deutlich besser als beim ollen GSM.
Und dabei benötigt das Gerät aber weniger Strom - und für Batteriebetrieb ist das natürlcih echt ein Argument.
Daher werden neue M2M-Projekte auf Narrowband-LTE laufen.
Bzw. würde darauf laufen, wenn die Netze verfügbar wären.
Und auch angeboten werden: von Vodafone könnte man selbst gegen Einwurf kleiner Münzen oder gar grosser Scheine derzeit keine SIM bekommen, die für Narrowband-LTE freigeschaltet ist. Die T-Mobile liefert angeblich schon, das Netz ist aber mit "lückenhaft" eher sehr beschönigend beschrieben.
Aber Neue M2M-Projekte laufen derzeit eher nicht.
Nicht weil das NB-LTE nicht da wäre, einfach erher weil kein Bedarf ist: der Bedarf, den es gibt, ist gut abgedeckt.
Und zwar in der Regel mit GSM: gut verfügbar, voll ausreichend, preisgünstig.

Und jetzt kommt also irgendwann 5G.
Bestimmt werden in Kürze auch erste Testzellen aufgestellt, zunächst in den Labors der Mobilfunk-Unternehmen, dann auch irgendwo im Freifeld.
Eine Zelle irgendwo.

Für eine Flächendeckung ist diese Technik aber imho gar nicht konzipiert.
Nur als Ergänzung zu vorhandenen Netzen ist sie gedacht - und sinnvoll ausrollbar.
Und weil definitiv immer neue Geräte erforderlich sein werden, ist sie eben auch nicht als Lückenfüller für die vorhadenen Netze geeignet.

Was in den Unternehemn aber definitiv jetzt passiert ist eine Veränderung der Ausbaustrategie für die vorhandenen Netze.
Im Wesentlichen immer in Form der Frage "wieso sollen wir jetzt noch 4G am Standort XY aufbauen, wenn wir doch in einem Jahr 5G bauen werden?". Will sagen: der Business-Case für 4G oder wenigstens 3G-Lückenfüllungen wird immer schwieriger zu verargumentieren.

Und das müsste auch ein Politiker wissen, der sich mit Mobilfunk befasst.
Ohne zumindest in der Excel-Tabelle dargestellte Rentabilität passiert in der Wirtschaft keine Investition.
Besonders nicht in den heute vorhadenen Versorgungslücken.

Aber das wissen die vermutlich.
Und stammeln dann doch Versprechungen in die Mikrofone und Notizblöcke der Presseagenturen, die dann andere erfüllen sollen.

Ja, das kann Politik in Deutschland richtig gut: anderer Leute Geld ausgeben.
Und Piraten diese Verhalten vorwerfen, wenn diese sich wünschen, dass das viel Geld mal für was sinnvolles ausgegeben werden soll.


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Politik

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