Diese Idioten

Wenn ich grad Vorratsdatenspeicherung: Streit über Quick Freeze von TK-Daten lese, wird mir übel.

Es ist doch wirklich unglaublich, wie der VATM da agiert.
Wie soll denn eine vernünftige Politik herauskommen, wenn es immer nur um Gewinnmaximierung geht. Nichts anderes ist doch das Geheul um „Kosten in Millionenhöhe“.

Die „Branche“ beteiligt sich immer gern an Aktionen, mit denen sie „zu ihrer Verantwortung steht“.
Hauptsache: keine (echte) Verantwortung übernehmen und kosten darf es auch nix.

Jeder Vorschlag, wie man das absolut berechtigte Interesse der Strafverfolger, einen Verbrecher (wie z.B. einen Mörder, einen Kinderschänder oder einen, der einen Angriffskrieg vorbereitet im sinne §80 STGB) zu fassen mit dem ebenso berechtigten Interesse aller Bürger auf Nicht-Überwachung durch den Staat oder seine gedungenen Gehilfen unter einen Hut bringen könnte, wird vom VATM immer nur nach demselben Muster behandelt.

  • erstmal über die ach so unterträglichen Kosten in Millionenhöhe nörgeln
  • dann doch klein beigeben und alles mitmachen

Dabei ist es völlig egal, ob der Vorschlag vernünftig ist - wie z.B. das Quick Freeze genannte Modell - oder eine komplette Ungeheuerlichkeit, wie Zensursulas Frontalangriff auf das GG durch privatrechtliche Verträge am Parlament komplett vorbei.

Kann der VATM eigentlich anders?
Oder kann man diesen Verband - ganz kostensparend - durch ein Shellscript ersetzen, das einfach periodisch „bäääähhhääääää, das ist alles soooo teuer“ als Pressemitteilung raushaut?

Tatsache ist, dass es einen Interessenkonflikt gibt, zwischen Strafverfolgung und Privatsphäre.
Dieser Konflikt ist nicht vermeidbar, er ist immer vorhanden gewesen und wird es immer sein.
Seit die Telekommunikation existiert, existieren auch Taten, die mit TK als Tatmittel begangen werden. Der (harmlose) Klingelstreich, der dennoch lästig sein kann (wer einmal morgends um 4:00h aus dem Bett geklingelt wurde, weiss, wovon ich schreibe) oder der ausgemachte Telefonterror, der zu Recht eine Straftat ist.
Wie soll man das verfolgen heutzutage? Wie soll man den Täter dingfest machen?
Dr. Thomas Böckenförde hat in seinem Buch Die Ermittlung im Netz schon vor fast 10 Jahren (es ist 2003 erschienen, die Arbeiten daran gehen aber bis in die späten 90er zurück) einmal systematisch, sachlich und ohne Populismus die Schwierigkeiten aber auch die schon gesetzlich vorhandenen Möglichkeiten aufgedröselt.
Die Möglichkeiten, die die STPO mit Postbeschlagnahme, TK-Überwachung und nicht zuletzt dem guten alten Durchsuchungsbeschluss - der sich ja durchaus gegen Dienstleister richten kann, die ein Täter in Anspruch nimmt - bietet, sind schon enorm.

Auch deshalb habe ich nicht verstanden, warum das Vorratsdatenmonster „notwendig“ sein soll.
Warum Polizeien das gerne mal so sehen, war schon klar: da werden Regeln der STPO gerne mal als frustrierend empfunden, weil sie den Beamten hemmen, hindern und in seiner Macht beschränken.
Das frustet.
Und zusammen mit der Tatsache, dass man immer wieder viel Mühe in eine Ermittlung steckt, am Ende sicher ist, den Täter/die Täterin gefasst zu haben, nur um dann mit ansehen zu müssen, wie der Richter/die Richterin ihn/sie wieder laufen lässt, frustet das besonders.

Aber so sehr ich den Frust von Kriminalbeamten und auch Staatsanwälten verstehen kann: sie sind durch ihren Diensteid gebunden.
Und dazu gehört eben auch, nicht das rechtstaatliche Verfahren auszuhöhlen oder an der Aushöhlung mitzuwirken.
Wie weit wir bei der Aushöhlung und beim Abbau schon gekommen sind, zeigt erschreckend der Fall „Sicherungsverwahrung“.
Egal, welche Farben grad genannt werden, gelb, grün, rot, schwarz, jede Bundesregierung scheint bisher die Regeln zur Sicherungsverwahrung von Straftätern, die ihre Freiheitsstrafe verbüsst haben, verschärft zu haben.
Mit Folgen: wir sind - schleichend, nicht mit einem Ruck - längst über das rechtstaatliche Mass hinaus, und die rückwirkende Änderung von Strafgesetzen brachte das Fass zum Überlaufen.

Solcherart Aushöhlung muss beim Schutz der Privatphäre Einhalt geboten werden - und die Polizeien und ihre Vertreter (z.B. Polizeigewerkschaften) täten wohl daran, sich dem entgegenzustellen. Und nicht einfach immer mehr Rechte, immer mehr Macht und immer weniger Sanktion von Machtmisbrauch zu fordern.

Dass die Bürgerinnen und Bürger eine Bedrohung wittern, dass sie Angst haben und dass sie Taten wünschen, ist klar.
Gerade den Profi-Politikern, denen es nur um Stimmen und Posten geht, nicht darum, das Richtige zu tun.
Ilse Aigner lenkt diese dem Staat gegenüber völlig berechtigten Ängste geschickt in die falsche Richtung: Google ist hier der böse Feind, nicht die Vorbereitungen für eine Zusammenlegung von Polizei und Geheimdiensten oder die Vorbereitung für eine Neuauflage - diesmal aber bitte wasserdicht, nicht so wischiwaschi Zettelkram wie damals! - der Staatssicherheit. Erstmal VEB Horch und Guck, ausbaufähig zu Horch, Guck & Greif.

Der VATM befördert das alles, wenn er immer nur wegen Kosten rumnörgelt.
Das Verhalten kann dann leicht als reflexhaft abgetan werden - und das hat die etablierte Politik längst getan.

Die Piraten täten gut daran, an der Diskussion um das Quick Freeze konstruktiv mitzuwirken: eigene Vorschläge, wie man Straftäter verfolgen kann, ohne dabei das Kind „Privatphäre“ mit dem Bade „Strafverfolgung“ auszuschütten.

Und dazu gehört meiner Meinung nach auch, dem VATM hier mal die gelbe Karte zu zeigen und klar zu machen: wer immer nur weinerlich „das ist alles so teuer“ sagt, den will keiner hören.
Hören wollen die Wählerinnen und die Wähler „wir stehen zu unseren Kunden und wir stehen zum Rechtsstaat: Massnahmen, die zur Verfolgung von Straftätern führen, die Kinderschänder hinter Gitter bringen, tragen wir mit und ansonsten beschützen wir die Privatsphäre unsere Kunden und halten das Fernmeldegeheimnis aufrecht“.
Ich jedenfalls will keinen Telefon- oder sonstigen Datentransportdienstleister, der für Geld alles tut.

Wie auch keine Post, die meine Briefe liest.


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Politik

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