Kaputtes Motorrad

Ist schon ein wenig her, aber ich komme jetzt erst recht dazu, mal meine Gedanken zu sortieren zu meinem Crash. Letztes Jahr hatte ich einen Unfall mit meinem Roller. Das heisst, eigentlich keinen Unfall, weil ich kein anderes Fahrzeug und keinen anderen Verkehrsteilnehmer berührt hatte. Also streng genommen ein Sturz.

An sich war nicht viel passiert, Knie und Hände aufgeschürft, schlimmer als das mit korrekter Schutzkleidung abgegangen wäre. Nur hat sich dann eine der Wunden entzündet, 3 Wochen Krankenhaus, Schleimbeutel am Knie entfernt und das behindert mich auch heute noch ein wenig.

Nach diesem Sturz haben mich viele gefragt, ob ich mich dem Risiko des Zweiradfahrens weiter aussetzen will. Und ja: ich wollte.

Die kleine 125er Kymco war mein Zweitfahrzeug, das mich in der Stadt von Ampel zu Ampel tragen sollte. Die grosse BMW ist in der Stadt eher unpraktisch, grad auch, weil es natürlich wahnsinnig Spass macht, so ein Monster mal auszureizen. Allerdings sind 10.000 Touren schon im ersten Gang 100 km/h bei diesem Motorrad, für die Stadt also eher viel zu viel.

Die Kymco war in der Werkstatt, ich war daher am 22.6. auf der BMW unterwegs. Ich war auf dem Weg von meiner Mami zu meiner Werkstatt. In Zehlendorf-Mitte dann zeigte sich wieder mal der grosse Vorteil des Einspur-Fahrzeugs. Der Teltower Damm ist da recht recht eng, weitet sich dann auf drei Spuren: Linksabbieger, geradeaus und ganz rechts eine Spur, die als Bushaltestelle, für Rechtsabbieger und als zweite Geradeausspur dient. Auf der rechten Spur fertigte ein Bus gerade Fahrgäste ab, auf der linken Spur bog ein Sattelschlepper ab. Dahinter staute sich eine längere Schlange zurück.

Für ein Mopped war da wunderbar Platz. :-) Also durchschlängeln zwischen dem Rückstau und den geparkten Fahrzeugen und schon hat man eine völlig leere Geradeausspur allein für sich. Jedenfalls genau so lange, bis eine Linksabbiegerin offenbar meinte, dass auf der Spur keiner kommen kann, weil der Rückstau ja keinen Platz für Autos liess.

Kurz und gut: ich beschleunigte grad, und da stand wie von der Decke getropft ein blaues Auto vor mir. Doof.

Ich habe also voll in die Eisen gegriffen und das ABS sein Ding machen lassen. Und das tat es. Gereicht hat es nicht, geholfen hat es. Kaputtes Motorrad

Jedenfalls schlug ich Vorderrad voraus in der Beifahrertür des blauen Autos ein. Die Bremsanlage hat vor dem Einschlag noch ein Gutteil der Energie von Maschine und Fahrer abgebaut,

Kaputtes Motorrad Der Rest reichte aber, den Telelever zu brechen, damit das Vorderrad abzureissen und gegen den Kühler zu hämmern.

Kaputtes Motorrad

Das Kühlwasser wurde so aus seinem Gefängnis befreit und verteilte sich auf der Strasse. Was die umstehenden Zeugen auslaufendes Benzin vermuten liess. Der Tank hat allerdings dicht gehalten. Sogar die ollen Tank-Schnellverschlüsse haben gehalten, was für BMWs dieses Baualters offenbar sehr selten ist. Jedenfalls gehen die Dinger schon vom einfachen Fahren immer kaputt.

Kaputtes Motorrad

Nunja, beim Aufprall ging dann noch etwas mehr kaputt. Da, wo das Rad den Seitenschweller des Autos erwischt hat, wurde es mächtig kaltverformt. Nicht gebrochen, immerhin. Was ein gutes Stichwort ist. Sowohl die eine Krankenschwester im Behring, wohin der Notarzt mich verfrachtet hatte, als auch der Stationsarzt konnten nach Anblick des Wracks kaum glauben, dass ich nicht auf der Intensiv lag. Tatsächlich war keiner meiner Knochen gebrochen, ich hatte keine inneren Blutungen, nur da wo ich die Tankverkleidung in die Leiste und gegen den Oberschenkel bekommen habe, gabs durchaus schmerzhafte Prellungen, die mich einige Tage sehr eingeschränkt haben.

Glück gehabt. Im Gegensatz zu meinem letzten fiesen Crash war diesmal nicht ein Auto um mich rum und hat mich geschützt. Geschützt hat mich nur die Kombi (Cordura, Protektoren), die Tankverkleidung (Kuststoff, verformbar), die guten Bremsen in Verbindung mit meiner offenbar guten Reaktionszeit und vielleicht ein Schutzengel.

Glück gehabt. Denn das hätte alles böse ins Auge gehen können. Wenn ich etwas schneller gewesen wäre … Wenn ich nicht im dritten sondern zweiten Gang beschleunigt hätte, ich wäre schneller gewesen. Glück gehabt. Motorrad fahren sehr gefährlich, gefährlicher als im Auto unterwegs zu sein. Grad bei der Crashsicherheit haben Autos in den letzten 30 Jahren unheimlich viel gewonnen - und deswegen sind selbst Kleinwagen heute grüsser als Mittel- oder Oberklasselimousinen der 70er oder 80er. Motorräder können naturgemäss solche passive Crashsicherheit nicht bieten. Glück gehabt.

Aber hat man immer wieder Glück oder ermüden Schutzengel irgendwann?

Glück gehabt. Ich habe jedenfalls laaaaange nachdenken müssen, ob ich mir das mit dem Einspurfahrzeug eventuell aus dem Kopf schlagen sollte.

Aktuelle Entscheidung: ich fahre auch weiter Motorrad. Aktuell erstmal eine SYM GTS 300i. Ein Vernunftmotorrad - sofern es sowas gibt - nicht besonders begeisternd, aber für den Verkehr in Berlin perfekt: flott, autobahntauglich (für die Tour von zuhause zu Mami ist die Stadtautobahn einfach der beste Pfad), sparsam und der Vorteil aller Zweiräder ist voll gegeben: man kann da parken, wo man hinwill, und muss nicht ewig Parkplätze suchen.

Und ich fürchte, ich werde nächstes Jahr auch wieder was feurigeres kaufen. Nur eine BMW wird es garantiert nie, nie, nie, nie wieder. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.


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