Völlig verdreht

Wer wie ich die Monty Python Truppe liebt, der mag schrägen Humor und kann sich ergötzen an einer völlig verdrehten Welt.
„Nobody exspects the spanish Inquis... - Oh Bugger!“.
Wie verdreht die Welt der sogenannten bürgerlichen Parteien ist, entblösst Ilse Aigner einmal mehr.
Das heisst, diesmal nicht die Frau Ministerin selber sondern ihre Kritiker aus der FDP.
Also, wir lesen bei heise.de, dass eine Firma Privatsphäre geniessen muss.
Zugegeben, die FDP hat sich auch gegen die Vorratsdatenspeicherung stark gemacht und weicht bisher nicht auf (Danke Frau Justizministerin von dieser Stelle), aber irgendwie schimmer mir hier ein Grundprinzip durch.
Firmen geniessen Schutz, Personen nicht.
Eine Firma ist keine Person. Die Bezeichnung „juristische Person“ ist in dieser Beziehung irreführend, sie hat keine Persönlichkeitsrechte.
Ein Mensch (sei er Konsument, Verbraucher oder wie auch immer bezeichnet), ist eine Person und geniesst daraus Rechte.
Übrigens allein daraus, nicht aus seinem Kontostand oder Portemonaiinhalt, wie die FDP das immer wieder durchscheinen lässt.
Es wäre in der Tat unwürdig - weil entwürdigend - Menschen an den Pranger zu stellen. Selbst für überführte Kinderschänder wird man das - zähneknirschend - gelten lassen müssen, so wie man auch erklärten Gegner von Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht das Demonstrationsrecht nicht absprechen kann und so - zähneknirschend - auch Nazis auf die Strasse lassen muss.
Aber eine Firma?
Ein Produkt?
Wieso sollten die einen Schutz geniessen, wieso sollte es ein Pranger sein, wenn man irgendwo schreibt, dass das Produkt X nicht nur wie Dreck aussieht oder schmeckt sondern eben Dreck ist?
Georg Schramm in seiner Figur Dombrowski hat auch schon festgestellt: die Bildungspolitik der Kohl-Ära und die stetigen Kürzungen der Mittel für Verbraucherzentralen waren wohl planvoll. „Dass unser hoch gelobtes Bildungssystem Heerscharen von PISA-Krüppeln produziert – bedauern das wirklich alle Verantwortlichen, oder sind Heuchler unter ihnen? Sind die PISA-Krüppel zu irgendetwas gut?
Es gibt massenhaft ausgebildete Leute, die niemand braucht. Die Arbeitsagenturen stehen mit leeren Händen da. Jeder größere Konzern beweist uns, dass er mit Entlassungen mehr Wachstum produziert, jede Entlassungsankündigung wird mit einem Kurssprung belohnt. Was uns fehlt, sind Konsumenten. Und bei denen kann doch ein gerüttelt Maß an Dummheit nur hilfreich sein.“

Wer eine nachprüfbare und verständliche Information als „Bevormundung“ sieht, der glaubt eben immer noch die Mär, dass der Firmenerfolg gemessen in Geld auch den gesellschaftlichen Gewinn korrekt darstellt.
Diese Idee ist verlockend.
Sie ist einfach zu verstehen, man kann dennoch grosse, komplizierte Theoriegebäude darauf errichten und dann von Markt und Märkten, homines oeconomici fabulieren und einfach immer an dem Glauben festhalten, dass der in Geld-Zuwachs gemessene „Gewinn“ den der Gesellschaft zufliessenden - Gottchen ist das schwer, hier ein nicht mit Assoziationen be- oder überladenes Wort zu finden; Nutzen? Mehrwehrt? Wert? Fortschritt? Gewinn halt - Gewinn darstellt und messbar macht.
Objektiv messbar macht.
Wenn man als schlichtes Ingenieursgemüt (wie ich) darüber mit Ökonomen redet (wie meinem Bruder, seiner Ex-Frau oder einem Piraten, der sich grad wiedererkennt, wenn er das hier liest :-), bekommt man immer wieder zu hören „ja, aber wie willst Du es denn sonst messen?“.
In der Tat, ich weiss nicht, wie man den Fortschritt an Verwirklichung von Menschenwürde (für alle), Sicherheit (für alle), Wertschätzung (für alle), Toleranz (gegenüber allen) und Lebensqualität (für... you know the drill) messen kann.
Aber in Euro kann man das eben nicht messen.
Und alles festhalten an diesem Irrglauben, der in der FDP zementiert, betoniert und in Bronze gegossen erscheint, hilft genau gar nicht weiter.
So sehr die Piraten von der FDP ununterscheidbar erscheinen für manche Wählerinnen und Wähler
Freiheit ist das Kernthema, Freiheit daher ein gern ge- und abgenutztes Wort
Bürgerrechte sind Thema
Vorratsdaten sind böse
Rechtsstaat ist gut
die Partei ist klein
die Partei krebst bei um die 4% rum
so sehr sind FDP und Piraten doch Gegenteile.
Das Beispiel des Rechtsstaates macht das deutlich, wenn in FDP-mitregierten Bundesländern nicht einmal kriminelle Methoden zur Entdeckung von Straftätern (sog. Steuersündern; geklaute Daten verwenden, die mit Sicherheit nicht rechtstaatlich erworben wurden ist kriminell, weil es staatliche Duldung von Kriminellen ist) dazu führen, dass diese auch zur Rechenschaft gezogen werden.
In der Printausgabe des Spiegel am 18.10. lesen wir
„Brisante Banken-CDs könnten dem Fiskus viele Milionen bescheren. Doch FDP-regierte Bundesländer bremsen die Strafverfolgung.“, nachzulesen hier.
Das Wertesystem der bürgerlichen ist komplett aus dem Ruder, es ist wie eine Monthy Python-Version der Werte unseres GG.
Privateigentum ist darin geschützt, in der Tat, aber der Schutz ist an eine Voraussetzung geknüpft (die sog. Sozialbindung des Eigentums). Robert Bosch hat das verstanden und umgesetzt und seine Nachfolger machen das heute noch sehr gut.

Und so wird bei den bürgerlichen dann aus Bildung plötzlich Ausbildung und dient der employability.
Also der Fähigkeit eines Duckmäusers sich noch besser anzupassen und ein noch geölteres Rädchen in einer Wirtschaftsmaschinerie zu sein.
(Brechreiz im Griff, weiterschreiben)

Die Piraten sind das Gegenteil der FDP und so weit von dort weg, dass wir uns bei einigen Themen schon wieder nahe sind.
Der Dank an Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger für ihren Widerstand gegen VdS war nicht zynisch, nicht sarkastisch sondern wirklich ernst gemeint.
Denn auch das können Piraten anders: gute Leistung anerkennen, selbst wen sie vom politischen Gegner erbracht wird.


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Politik