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Politik ist...

...wenn man immer beklagt, dass alle anderen so gemein sind, und man selber daher gezwungen ist, noch gemeiner zu sein.

Im Spiegel 49/2010 lesen wir unter der Überschrift „Auge für Auge, Wunde für Wunde“ einen Zehnseiter von Jan Fleischhauer und René Pfister über Rache.
Rache, jenes Gefühl, das so starke Motivation erzeugt und das den Rächer fast immer vor allem zur Selbstzerstörung motiviert.

Die Erkenntnis, das Rache eigentlich immer nur dem schadet, der sie verübt, ist uralt.
Im zweiten Buch Mose finden wir eine Vorschrift, die die Rache nach oben begrenzt, sie deckelt, sie damit im Zaum zu halten sucht.
Diese Vorschrift hat exzellente Chance, der am gründlichsten missverstandene Satz der ganzen Bibel zu sein und der am häufigsten missbrauchte noch dazu.

Jesus setzt dem entgegen, dass auch die auf die Unbill der Tat begrenzte Rache noch viel zuviel ist. Er setzt die neue Grenze - die ganz zwanglos die alte enthält - auf Null fest.
Null, nada, nichts, garnix ist das Höchstmass an Rache, das ein Christ üben darf.

Prophet Mohammed geht für meine Auffassung demgegenüber wieder einen Schritt zurück; warum muss nicht hinterfragt werden.
Aber er setzt der eskalierenden Blutrache auch etwas entgegen: die muslimische Kleiderordnung für die Frau, die zumindest Frauen vor Heckenschützen und Angreifern auf dem Marktplatz schützt (wie auch hier schon von mir diskutiert) .

Was zum Geier hat das mit Piraten und Politik zu tun?
Der etablierte Politikbetrieb ist durchseucht von Rache, von Schleimerei, Lüge und anderen „politischen Tugenden“.
Dieses Ätzbad ist für gute Charaktereigenschaften offenbar wie Eisen-III-Chlorid für Kupfer: sie werden aus der Person herausgelöst, weggewaschen und in einen fiesen, bräunlichen Schlamm am Gefässgrund verwandelt.

Get real, Semken.
Die Piraten sind eine „richtige Partei“. Kein Kuscheltierzuchtverein.
Keine Parallelwelt zur etablierten Politik.

Da ist in mir - und in meiner Umwelt - diese Mahnung zu hören: so ist die Politik eben. Nur die Harten komm‘ in‘ Garten, das Leben ist kein Ponyhof und so weiter.

Und bei den Berliner Piraten schicken sich jetzt - die Abgeordnetenhauswahl wirft da lange Schatten vorraus - offenbar einige Bewerber um Kandidatur an, sich geanu darauf einzustellen.

Ich lehne diesen Politikstil für mich ab.

Wer meint, dass man es den etablierten nachtun, gleichtun, ja, sie an Gemeinheit und Hinterfotzigkeit noch überbieten muss, um mitspielen zu dürfen, der findet bei mir keine Unterstützung.

Ich will in den Piraten eine Parallelwelt zur etablierten Politik sehen.
Hier soll das Modell entstehen für die Gesellschaft, die ich hinterlassen will.
Eine, in der nicht der lauteste, der schäbigste oder schleimigste Erfolg hat, sondern der verständige, der rücksichtsvolle und vielleicht der weise Politiker.

Hach, wie schön leicht lebt es sich doch mit Grössenwahn, da muss man nie solche Zweifel niederringen.
Für mich selbst muss ich die Frage klären, ob ich den ständigen Zweifrontenkrieg aushalten könnte: einerseits mit dem politischen Gegner ringen, andererseits permanent den Anätzungen aus der eigenen Fraktion trotzen und dabei nicht korrodieren korrumpieren oder korrumpiert zu werden.

Ist unsere Politik deshalb so unanständig, so heuchlerisch und so korrupt, wie sie ist, weil nur diese Charakterzüge das Ätzbad überdauern können?
Verdirbt Politik wirklich jeden Charakter?

Wie lange könnte meiner standhalten?

Beim Ätzen von Leiterplatten sind Kombinations-Ätzbäder immer besonders schnell: Eisen-III-Chlorid mit Luft (Sprühätzen), Salzsäure mit Wasserstoffperoxid (Schnellätzen; aka Zu-Schnell-Ätzen) oder Natriumpersulfat mit Bier (Schaumätzen).

Ich komme zu dem Schluss, dass ein Zwei-Faktor-Angriff auf meinen Charakter mich zu schnell verderben (lat: corrumpere) würde.
eine Zweifrontenkrieg hielte ich nicht lange genug aus.

Ich werde daher keiner Fraktion angehören, bei der ich die Gefahr sehe, dass kein kooperativ-konstruktiver Arbeitsstil möglich ist.


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Category

Politik