Schwalben von Maren Winter Bild: Maren Winter, Fundstelle: Wikipedia

Schwalbe macht Sommer

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: eine Schwalbe macht einen Sommer. Oder so.

Für alle, aber vor allem für alle, die es sowieso schon immer wussten, ist seit gestern Abend klar: das mit den Piraten ist vorbei. Ein für allemal.

Was war geschehen? Die Niedersachsen haben gewählt. Ich zähle mich ja nicht mehr so richtig zu den Niedersachsen: ich bin zwar im Teufelsmoor geboren (oder nahe bei: im Kreiskrankenhaus in Bremervörde, rund 16 km von unserem Hof in Gnarrenburg entfernt), aber ich war grad 8 Jahre alt als die Trennung meiner Eltern mich nach Berlin - die Geburts- und irgendwie auch Heimatstadt meiner Mutter - verbrachte. Und nur vier Jahre später ist Papa dann gestorben, so wuchs ich als Berliner auf.

Doch verbunden bin ich mit dem schönsten Landstrich, den Deutschland zu bieten hat, allemal noch. Berge sind auch ganz nett (und bieten grad zum Motorrad-Fahren genaugenommen mehr), aber wirklich schön ist es eben nur im und rund ums Moor.

Und so geht mir das durchaus an die Nieren, was die Niedersachsen-Piraten da erlebt haben, gestern. Die Wählerinnen und die Wähler haben sich nur zu 2% dafür erwärmen können, eine Alternative zur etablierten Politik aufzubauen. Was wenig ist. Und schade ist es auch

Aber der Beinbruch, den jetzt so viele herbeireden, ist es keineswegs. Denn die Wahl in Niedersachsen macht auch Hoffnung, selbst wenn das einigen grad als schwacher Trost vorkommen mag.

Hoffnung schöpfe ich daraus, dass die Niedersachsen offenbar dringend weg wollten von schwarz-gelb. Das ist eine klare Ansage an die Verfechter der neoliberalen Religion, in der Mensch vor allem als human ressource vorkommt.

Auch die Tatsache, dass die Stammwählerschaft der CDU offenbar hin-und-hergerissen war zwischen dem nachvollziehbaren Wunsch auf Weiterregieren und dem Wunsch nach Nicht-CDU-Wählen, lässt mich (sorry! Schadenfreude) doch schmunzeln. Wie wählt man eine CDU-Regierung ohne CDU zu wählen? Man gibt die Zweitstimme der FDP...

Damit ist aus Niedersachsen jetzt endgültig klar: die FDP ist eine Art Wurmfortsatz der schwarzen: ein Überbleibsel, das die Evolution noch nicht entsorgt hat und von dem man einfach nciht genau weiss, wozu es gut sein könnte.

Und daraus wird klar: die freiheitliche Position, die klassisch liberale Politik, braucht eine neue Heimat - Europa braucht die Piraten, wir brauchen die Piraten.

Der eine oder andere wird einwenden, dass keine Sau die liberale Politik braucht oder will. Aber ein Blick ins Strafgesetzbuch zeigt: Freiheitsentzug eignet sich als Strafe - eben weil er den Menschen verletzt, wenn auch nicht körperlich. Freiheit und der Wunsch danach ist Teil dessen, was ich Mensch-Sein nenne, und das darf sich auch in der Politik widerspiegeln.

Diese freiheitliche Position haben m.E. die Piraten in der letzten Zeit nicht wirklich rübergebracht. Zu viele Piraten treten auf als Menschen, die vor allem alles besser wissen und anderen Vorschriften machen wollen, anderen die Freiheit einschränken wollen. Nicht gut.

Auch die B-Seite der Platte Freiheit hat bei den Piraten einige Kratzer. Untrennbar mit Freiheit verbunden ist die Verantwortung: nur wer selber die Verantwortung für sein Tun trägt, ist tatsächlich frei. Einigen kommt das als Paradoxon vor, die stellen sich eher einen Zustand, in dem sie unbeschränkt handeln können, aber niemals die Verantwortung übernehmen müssen, als die ultimative Freiheit vor. Aber genau das ist der Zustand, den wir alle als Kinder erlebt haben: da kannste tun, was du willst, am Ende geradestehen müssen immer die Eltern. Das mag sich sehr kuschelig anfühlen, aber frei ist dieser Zustand nicht.

Wo jemand Verantwortung übernehmen will und dafür sofort öffentlich auffe Fresse bekommt wie jüngst Bernd und Sebastian, da merkt auch Herr Wähler: Freiheitlichkeit ist da nicht wirklich verinnerlicht. Vorab-Strafen für mögliches und vermutetes Handeln, wie sie bei den Piraten das letzte Jahr immer üblicher wurden, deuten in eine Richtung, die offenbar zuminest in Niedersachsen nicht viele Wählerinnen oder Wähler angelockt hat.

Aber noch ein Faktor wird mitgespielt haben. Die absehbar knappe Konstellation zwischen Tigerente und Dyschromatopsie wird einige Wähler, die sonst Piraten gewählt hatten, zu SPD und Grünen gezogen haben: jede Stimme mehr an der Stelle stärkte die Hoffnugn auf eine Ablösung der Regierung, eine Stimme für die Piraten hätte das nicht vermocht.

Und so gesehen geht das Wahlergebnis für mich trotz allem in Ordnung. Denn zur BTW sieht die Welt schon wieder anders aus.


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Politik